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FRÜHJAHRSREIGEN & HEILIGER GEORG ODER: welchen Mythen folgst Du?

Ein Sonnensonntag - mich weckt mein Bedürfnis, das frühe Jahr zu küssen und wie sollte dies besser gehen als mich in meine Schuhe zu stürzen um eiligen Schrittes - ja, ganz schnellschnell - die Wege hinter mich zu bringen und das Aufgehen des Frühlingssonnenballs zu beobachten in den angrenzenden Wäldern? Singdrossel, Specht und frühe Lerchen jubilieren aufregend intensiv und, weißt Du: wieder spüre ich diese große, unglaublich immense Heilkraft, welche Erde; Mama Erde zueigen ist. 

Wir lesen, wir hören und wir versichern uns immer wieder:

"Mutter Natur ist die größte Heilerin". 

Das Ding ist ja: die Erfahrung dieser Kraft kommt über uns durch Hingabe. Ein schönes Wort. So alt und gültig.

Allein: lass uns ehrlich sein: Hingabe erfordert Mut, einen Entschluss grad eben dafür und eben: Hingabe. Nicht wirklich die leichteste Übung in unserem selbst gestellten Aufgabenkatalog zur Erfüllung unserer ganz modernen Selbstverwirklichungsprämisse, hm? 

Es braucht ja so wenig dafür und doch ist die Wickelbandage einer vermeintlich zielführenden Struktur ganz schön zäh.

Also: Knoten lösen. Sich verrücken. 

Diese Sache mit den Knoten: überall sitzen sie: Im Kopf zum Beispiel und im Herz sowieso.

Das Weltgeschehen ist komplex und dies nicht erst seit dem 24. Februar diesen Jahres. Instinkt Mitgefühl und ererbte Kolletivtraumata treffen auf Meinung und Annahmen.

Krieg der Fakten und Krieg der Bilder. 

Schau mal auf den Emotionalkörper von uns Menschen. Er schwillt mehr und mehr an, platzt hier und dort  aus allen Nähten; suppt schon raus, die schmutzigschwere Angst, die Verunsicherung und Beurteilung alles vermeintlich "Anderen". 

Wie schön, dass wir alle die Sehnsucht nach Lösung; Erlösung und Liebe und Frieden ebenso in uns tragen, oder? 

Die Erde also als Heilerin. Die Größte sogar.

Und wie immer lädt sie uns ein. Uns hinzugeben um zu erfahren: 

egal, wie tief die christlich-patriarchale Prägung des "macht euch die Erde untertan" auch sitzen mag: 

da ist dieser Ruf in uns, ganz zart und doch so mächtig, der uns hinauslockt aus Gedankenkonstrukten und hinein in die Unwägbarkeit eines rauschenden Fruchtbarkeitstanzes, welcher Gleichberechtigung verkündet im Prozess der kreativen Schöpfung. Ganz sinnlich. Ganz aus einer Mitte heraus, die instinktiv WEISS. 

 

Was hat dies nun mit Georg, dem späteren Heiligen der orthodoxen Kirche zu tun? 

Er soll ein Töter; Bezwinger, der Drachen gewesen sein und im südlichen Deutschland wurde gestern sein Namenstag gefeiert. 

Ich mag Georg. Mochte ihn schon immer. Sogar meine erste (heimliche) Liebe galt in der 1. Klasse Georg, dem Sanften. 

Der Hl. Georg ist auf der russischen Flagge abgebildet und wird  ebenso in vielen anderen Ländern verehrt als mächtiger Beschützer vor dem Bösen. Dem Drachen.

Wir wissen, dass Drachen in unserem Kulturraum im totalen Gegensatz zu China als Ausbund des Bösen, der Habgier und Unersättlichkeit galten. Kurzum als Gegenspieler jeglicher christlichen Sittsam- und Jungfräulichkeit und des frommen Christentums eh und überhaupt.

Mir schmeckte diese Interpretation nie und ganz sicher bin ich nicht allein. 

Ganz im Gegenteil schwingen unterhalb der kollektiven Kruste der christlich-patriarchalen und eigentlich absolut unverschämten Geschichtsumschreibung Erinnerungen so ganz anderer Art und Melodie. 

Wir erinnern eine maskuline Energie, eine Emanation des Beistandes (im wortwörtlichen Sinn) für die große Göttin. 

Wir erinnern die ursprüngliche Energie der sagenumwobenen Drachen als Ausdruck, als totale Qualität der puren Lebenskraft. Der Schöpferkraft. Manche nennen sie Kundalini. 

die monotheistischen Austriebe des alten Testamentes wirken bis heute. 

Die urweibliche und aus sich heraus gebärende Kraft der Femininität wurde und wird bis heute negiert. Stattdessen wird mit Lanze, Schwert und Pistolen geschossen anstatt zu behüten und zu verehren. 

Die "beistehende", beiliegende und somit ergänzende Kraft des Maskulinen ist die ursprünglichere Kraft, welche den vorgeblichen Drachentöter Georg zum Freund und Hüter der Frauen macht. 

In uns Frauen wohnt die große Göttin und unser Lebenslauf ist Ausdruck ihrer Dreifaltigkeit als  die weiße Göttin, die Rote und die Schwarze. 

Im englischen Volksglauben ist Georg laut Barbara G.Walker ein Mischwesen, "halb Mensch und halb Baum", welcher als der "grüne Georg" und als Gott der Hexen angesehen wurde.

Sein Emblem war eine Vesica Piscis.

Sie ist ein Symbol für die lebenserschaffende Yoni. 

 

Und hier nun spannt sich der Bogen zu meinem Sonntagsflug hinaus zu Baum und Grün, zu Blumenfreude und Erdenküssen:

Birke und Hasel und einige meine Ahninnen sangen in mein Ohr. Ihr Lied war Erinnerung und dringliche Bitte, Georg, den altbekannten Freund meiner individuellen Drachenkraft zu rufen. Dieses Lied ergänzte sich zum Rat meines hochgeschätzten Kollegen Urs Barth, mir die Hilfe vom Drachenreiter Georg zu holen.

"Es sei nun Zeit"

 

Oh ja: die Zeiten haben sich geändert insofern, als das wir Menschen es uns schlicht nicht mehr leisten können, aktuelle als auch jahrtausende alte Missbräuchlichkeiten der Sexualkraft NICHT zu heilen. 

 

Möchten wir Frieden in uns und um uns herum, so kommen wir nicht mehr drumherum, sexualisierte Gewalt ebenso wie spirituelle Gewalt gemeinsam zu heilen. Offen. Schonungslos. 

Ich habe am Meisten gelitten, wenn ich das Tabu, welches Täter mir durch ihre Taten auflegten als dunkelschwere Last, nicht aufzubrechen vermochte. Wenn man sich abwandte von mir ob aus Hilflosigkeit oder eigener Furcht. 

Also höre ich zu. Biete Hilfe an. Schaue nicht weg sondern hin. Hieraus, aus dieser Gegenseitigkeit, erwächst Stärke und das ureigene Potential - die individuelle Medizin eine(r)s Jeden von uns.

 

Denn wie schon Rumi erkannte: " DURCH UNSERE WUNDEN SCHEINT DAS LICHT"

 

Wenn wir die tiefe Wahrheit hierin erkennen, werden  Scham und Totschweigen nicht mehr funktionieren. 

Das Stigma des "schwarzen Schafes" wird nicht mehr funktionieren. 

 

 

Frühling webte sein blaues Band der Loyalität

welche dann nicht mehr totgeschwiegen würde

sondern das Potential zur wahren Gleichberechtigung

neue "Sister-bzw. Brotherhood" zur schönsten Blüte brächte. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Thorsten Uelsmann (Sonntag, 24 April 2022 13:31)

    Liebe Helena,

    Deine Worte - daran habe ich mich ja schon mit Freude gewöhnt - laden bereits nach wenigen Zeilen ein, Dich bei Deinem Spaziergang - heute im Lichte des Frühlingssonnenballs - zu begleiten. Ich muss mich sputen, um Schritt halten zu können - nichts ahnend bin ich schon ein paar Zeilen später Teil Deiner Reise geworden, wo geht es heute eigentlichgenau hin fesge ich mich - besinne mich, lese weiter und genau dann holt mich Dein Text schon wieder ab, damit ich nicht zurückfalle (in die Oberflächlichkeit) und gehe weiter und vor allem wieder tiefer. Schicht um Schicht. Bin da. Schaue hin. Mit Dir. In großartiger Liebe. Vereint auf Deinem und auch auf meinem Weg gehen wir zusammen. Komplex und einfach, schmerzhaft und schön - aber eben tief (genug). Damit es wieder leicht sein kann. Vor und für den nächsten Spaziergang.

    Danke.

    In Liebe, Dein Mann.